Optimierte Servicestrukturen am neugestalteten historischen Industriestandort
Im Vorfeld der Umzugsplanung der GMC-I Service GmbH an den neuen Standort, hat uns Dipl.-Ing. (FH) Hans Reinerth MBA aus der Abteilung Fabrikplanung und Produktionsmanagement vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA unterstützt.
In einem Fachbericht im Fraunhofer Magazin 03/2019 wurde der Umzug unserer Service GmbH aus Fraunhofer-Sicht beschrieben.
»Historisches Wachstum« wirkt sich in Layout-Strukturen servicefokussierter Unternehmen in gleicher Weise aus wie in normalen Produktionen. Entsprechend bleibt die Kernaufgabe des Fabrikplaners auch in solchen Umgebungen grundsätzlich die Gleiche, nämlich, unter Berücksichtigung der aktuellen und zukünftigen Anforderungen eines Unternehmens, eine möglichst optimale Flächenverfügbarkeit und -nutzung sicherzustellen, so dass hocheffiziente Abläufe, auch langfristig, mit geringstmöglichem Aufwand, täglich abzuwickeln sind.
Aufgabenverständnis im Service Umfeld
Die GMC-I Service GmbH führt als After Sales Servicepartner für Kunden und Partner im In- und Ausland eine Vielzahl von Dienstleistungen für Mess- und Prüfgeräte durch. Dazu gehören jährlich mehr als 30 000 Reparaturen und Kalibrierungen, Prüfmittelmanagement und Updates für Geräte.
Ausgeprägter Flächenmangel in unterschiedlichen Bereichen und aufwendungsintensive Arbeitsfolgen kennzeichneten den Betriebszustand, sodass die Verantwortlichen sich auf die Suche nach einer geeigneten Halle machten. Neben dem Layout bestimmenden Elementen der Fabrikplanung ergänzte die Priorisierung des Servicecharakters die Aufgabenstellung bei den ersten Planungsschritten. Daraus ergaben sich eine Reihe zusätzlicher Fragen, die in einem streng produktionsorientierten Layout nicht zu finden sind:
- Wie stark beeinflusst der Kunde die Flächenauslegung innerhalb der Layout Planung?
- Welche Schnittstellen der internen Kommunikation zwischen Administration und Shop Floor müssen in der Flächenverteilung berücksichtigt werden?
- Wie kann Entscheidungsrelevanz in Unkenntnis zukünftiger Gebäudeoptionen erreicht werden?
Basierend auf wenigen Grundsätzen der Fabrikplanung ist die Aufgabe in zwei Phasen teilbar: eine Idealplanung Typ »Grünen Wiese« sowie eine Realplanung Typ »Anpassung an bestehende Hallenstrukturen«.
Idealplanung als wichtigstes Hilfsmittel zur Gebäudeauswahl
Die, im Rahmen der Aufgabenformulierung abgestimmte Kunden- bzw. Mitarbeiterorientierung, vervollständigt die Planungsinhalte der Produktion (Gerätereparatur oder Kalibrierung), Logistik, Administration sowie Sozialbereiche. Auch wenn Wartezeiten wegen Angebotsklärung und das Prinzip »Mitarbeiter pro Gerät verantwortlich« auch künftig den Arbeitsalltag bestimmen und damit keine getaktete Fließfertigung möglich scheint, optimieren die erarbeiteten, transparenten Materialflussstrukturen die Serviceleistung erheblich.
Erfolgsentscheidende Fragestellungen im Rahmen dieses Arbeitspakets:
- Welche Mengensteigerungen können über welchen Zeitraum realistisch abgeschätzt werden?
- Wie wirken sich diese Steigerungen in den einzelnen Flächen aus?
- Welche Schwachstellen bezüglich Flächenmangel müssen unbedingt gelöst werden?
- Welche Schwachstellen bezüglich Ablaufverschwendung müssen unbedingt gelöst werden?
- Wie soll die Außendarstellung mittel- und langfristig aussehen?
- Welche neuen Technologieanforderungen sind zu berücksichtigen?
In Workshops erarbeitete GMC-I Service ein materialflussfokussiertes Ideallayout, mit dem sie in Frage kommende Hallen sowohl quantitativ als auch qualitativ bewerten konnten. Gebäudeintegration kundenfokussierter Abläufe
Die Suche einer idealen Halle in einem für die Anfahrt der Mitarbeiter vertretbaren Umkreis, führte in Nürnberg zum ehemaligen Grundig-Gelände. Dieser Standort kristallisierte sich als interner Favorit raus. Um sicherzugehen, dass der Standort tatsächlich den Erwartungen entspricht, wurde er anhand seiner tatsächlichen Flächen von einem ergänzten Planungsteam auf Praxistauglichkeit geprüft. Entscheidende Fragestellungen im Rahmen dieses Arbeitspakets:
- Wie kann eine signifikante Verbesserung der logistischen Anbindung realisiert werden?
- Mit welchem Aufwand sind die gebäudetechnischen Anforderungen (z. B. Klimatisierung) zu erfüllen?
- Welche Kompromissbereitschaft ist in der Neugestaltung der Materialflüsse zumutbar?
- Wie ist die Schnittstelle zwischen Bürobereich und Shop Floor zu gestalten?
- Können die Sozialbereiche zu einer motivierenden Arbeitsatmosphäre beitragen?
- And last but not least: Welche Rolle kann ein konsequent kundenorientierter Eingangsbereich übernehmen?
Der neue Standort
Seit eineinhalb Jahren firmiert die GMC-I Service GmbH in der klimatisierten Halle 11 des Grundig Immobilienparks in kürzester Distanz zur Nürnberg Messe. Durch Shed-Dächer flutet Licht und Galerien öffnen luftig den Raum. »Unsere Techniker, Labor Mitarbeiter und Mitarbeiter aus den administrativen Bereichen können viel genauer und besser bei Tageslicht arbeiten, so entsteht auch im Shop-Floor-Bereich eine motivierende Atmosphäre bei der täglichen Arbeit«, beschreibt Gerhard Frisch, Head of After Sales Service und Chief Human Resource Officer, die Situation. »Und: Die Serviceleistungen können wir hier auf einer Ebene erbringen und haben einen repäsentativen Servicepoint für unsere Kunden im Eingangsbereich.«
Der neue Standort erfüllte obige Punkte in allen Bereichen. Der Grundig Immobilienpark liegt im Nürnberger Osten, im direkten Umfeld von Frankenstadion, Steintribüne und Dutzendteich und in kürzester Distanz zur Nürnberg Messe. Grundig war ein vom Radiohändler Max Grundig 1930 gegründetes deutsches Unternehmen für Unterhaltungselektronik. Die ursprünglich als Tonbandwerk errichtete Halle 11 wurde Anfang der 2000er Jahre noch durch Grundig zu einem modernen und hellen Bürogebäude umgebaut. Die Gebäudestruktur mit Shed-Dächern und intelligent eingebauten Galerien, bilden in dem offenen Luftraum einen lichtdurchfluteten Gesamteindruck. Die gesamte Halle ist klimatisiert und mit einem Doppelboden für die technische Infrastruktur ausgestattet. Das Shed-Dach ist wellenförmig gestaltet, jeweils mit einer aufgestellten Seite aus Glas, die viel Licht in die Räumlichkeiten fallen lässt. Ein zusätzlicher Innenhof mit Aufenthaltsqualität und repräsentativem Eingangsbereich (Servicepoint) verstärkt den Campusflair nochmals. Aus den bisherigen 1200 m2, die über 2 Stockwerke und mit einem Aufzug verbunden waren, wurden nun ca. 3000 m2, wobei der Kernprozess im Service jetzt ebenerdig abläuft.
Gerhard Frisch ist auch nach 1,5 Jahren am neuen Standort überzeugt davon, die Standortauswahl genauso wieder zu treffen. „Wir konnten durch die neuen Möglichkeiten unsere Materialflüsse und Prozesse komplett verschlanken und neue Technologieanforderungen wie Digitalisierung durchführen – ein echter Fortschritt bei mehr als 30000 Kundenaufträgen pro Jahr. Durchlaufzeiten konnten deutlich reduziert werden. Auch der Faktor Mensch spielt aus meiner Sicht des Personalleiters eine entscheidende Rolle bei einem neuen Standort“. Selbst der Umzug konnte durch die strukturierte Vorplanung des neuen Standortes, mit Unterstützung durch Fraunhofer IP in einer Rekordzeit von nur drei Tagen abgewickelt werden. „Es gab eine Vielzahl von Kunden, die unseren Standortwechsel nicht einmal gemerkt haben“ erklärt Gerhard Frisch. Themen wie Wachstum, Flexibilität an den Standort sowie Außendarstellung, Motivation der Mitarbeiter sind über Jahre kein Hemmnis mehr Kundenanforderungen zu erfüllen. „Die strukturierte Planung, die Workshops zur Funktionsanalyse, die ganzheitliche Betrachtung der innerbetrieblichen Abläufe, die Identifikation von Verschwendungsursachen sowie auch der Blick auf den Mitarbeiter und die daraus zu schaffenden optimalen Arbeitsplätze konnten uns bei der Unterstützung durch Frauenhofer IPA voll überzeugen“, bekräftigt Gerhard Frisch.